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Kategorie: «Recht»

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In der Einbahnstraße gibt es kein zurück


Eine klare Regel mit rechtlichen Folgen
Es ist nicht gestattet, in einer Einbahnstraße rückwärts gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung zu fahren. Selbst das Ausparken, um Platz für andere zu schaffen, ist laut einem aktuellen Urteil des BGH nicht erlaubt. Dieses Urteil mag auf den ersten Blick banal erscheinen, hat aber auch rechtliche Implikationen.

Die Regel in Einbahnstraßen
Die Regel in Einbahnstraßen besagt eindeutig: Man darf nur in die vorgeschriebene Richtung fahren. Rückwärtsfahren in entgegengesetzter Richtung ist untersagt. Dies wurde in einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs bestätigt (BGH, Urt. v. 10.10.2023, Az. VI ZR 287/22). Obwohl dies offensichtlich erscheint und man meinen könnte, dass dafür keine höchstrichterliche Entscheidung erforderlich ist, zeigt der Fall, dass die Situation komplexer ist als gedacht, insbesondere vor dem Hintergrund der gegenteiligen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf in der Vorinstanz.

Ein komplexer Fall
Der Sachverhalt des aktuellen Falls erfordert, wie im Straßenverkehr üblich, besondere Aufmerksamkeit. Es handelt sich um einen Auffahrunfall in einer Einbahnstraße, an dem drei Fahrzeuge beteiligt waren.

Die Konsequenzen des Unfalls
Die Kollision zwischen Fahrzeug 2 und Fahrzeug 3 erfolgte, als Fahrer 2 das erste Fahrzeug ausparken ließ, um selbst die freigewordene Lücke zu nutzen. Um dem ausparkenden Fahrzeug genug Platz zum Manövrieren zu geben, setzte der Fahrer von Fahrzeug 2 zurück - und es kam zur Kollision.

Die Schuldfrage und rechtliche Einschätzungen
Für den Fahrer von Fahrzeug 1 endete die Situation ohne Unfall. Er konnte einfach weiterfahren und war nicht in den Gerichtsprozess involviert. Die beiden anderen stritten jedoch darüber, wer die Schuld trug.

Die rechtliche Bewertung
Gemäß der Entscheidung der Versicherung und des Landgerichts trugen beide Fahrer eine Mitschuld. Die Versicherung von Fahrer 2 sah jedoch eine überwiegende Teilschuld bei Fahrer 3 und beglich nur 60 Prozent des Schadens an Fahrzeug 3. Fahrer 3 war damit nicht einverstanden und klagte den Rest der Schadenssumme vor Gericht ein.

Die Entscheidung des BGH
Das Amtsgericht Düsseldorf gab Fahrer 3 Recht, aber das Landgericht hob die Entscheidung auf und wies die Klage ab. So gelangte die kuriose Frage, ob man in einer Einbahnstraße rückwärts fahren darf, letztendlich vor den Bundesgerichtshof.

Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen: Eine klare Grenze
Der BGH entschied grundsätzlich, dass Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße nicht erlaubt ist, außer beim direkten Ein- und Ausparken. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) lässt hier keinen Spielraum. Rückwärtsfahren zum Ein- oder Ausparken aus einem Grundstück auf die Straße ist erlaubt, aber nicht, um zu einer Parklücke zu gelangen oder um anderen das Ausparken zu ermöglichen.

Rechtliche Feinheiten und Beweislast
Eine Begründung für diese Unterscheidung wurde vom BGH nicht gegeben, aber auf ähnliche Entscheidungen anderer Gerichte und auf Literaturquellen verwiesen. Dennoch wäre eine argumentative Auseinandersetzung mit anderen Standpunkten interessant gewesen. Schließlich könnte man das Rückwärtsfahren, um anderen das Ausparken zu ermöglichen, als Umsetzung des allgemeinen Rücksichtnahmegebots aus § 1 Abs. 1 StVO betrachten. Zudem ist in vielen Einbahnstraßen der Fahrradverkehr in beide Richtungen erlaubt, was bedeutet, dass Ausfahrende nicht nur in eine Richtung schauen dürfen.

Rechtliche Bewertung des Unfalls
Die Entscheidung des BGH berührte auch die Frage des Anscheinsbeweises im Zivilprozessrecht. Das Landgericht Düsseldorf hatte den Anscheinsbeweis zu Ungunsten von Fahrer 3 angewendet, was der BGH als fehlerhaft ansah. Ein Anscheinsbeweis kann nur angewendet werden, wenn ein typisches Geschehen vorliegt. Da Fahrer 2 jedoch eindeutig gegen die StVO verstieß, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass Fahrer 3 ebenfalls schuldhaft handelte.

Rückverweisung an das Landgericht
Der BGH verwies den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Eine mögliche Teilschuld von Fahrer 3 am Unfall ist damit nicht ausgeschlossen, muss aber mit den üblichen Beweismitteln belegt werden. Der BGH wies darauf hin, dass Fahrer 3 grundsätzlich nicht damit rechnen musste, dass andere Fahrzeuge die Einbahnstraße in entgegengesetzter Richtung nutzen würden.

Praktische Konsequenzen für Autofahrer
Für Autofahrer, die in Einbahnstraßen nach Parkplätzen suchen, bedeutet dies: Es ist ratsam, lieber einmal um den Block zu fahren und zu hoffen, dass die Parklücke dann noch frei ist.